Ein Schlaraffenland und nichts zu essen

von Jessica Braunegger (Laktose? No!)

Für Gourmets und Kulinarikliebhaber ist die Südsteiermark eigentlich der perfekte Ort zum Leben. Super Restaurants, ausgezeichnete Buschenschänke und Wein, so viel das Herz begehrt – wer hier verhungert ist selbst schuld. Außer man hat eine Lebensmittelintoleranz, so wie ich. Dann findet man sich in der blöden Situation wieder, von den ganzen Leckereien nichts anrühren zu dürfen.

Stadt-Land-Gefälle

Natürlich gibt es hier, wie in vielen anderen Bereichen auch, das berüchtigte Stadt-Land-Gefälle. Im urbanen Raum sind die Restaurants bereits auf den Zug aufgesprungen und es ist nicht mehr allzu schwierig irgendwo etwas Veganes, Laktose- oder Glutenfreies aufzutreiben. Nicht so in der Südsteiermark. Am Land sind die Leute leider noch nicht so weit, in Restaurants auch auf uns Menschen mit besonderen Bedürfnissen, Rücksicht zu nehmen. Das soll jetzt keine Anklage sein, das ist Tatsache. Auf eine Frage beim Bäcker, ob sie auch etwas Laktosefreies im Sortiment hätten, bekam ich die Antwort: „Laktosefrei? Nein. Sowas gibt es hier am Land nicht.“

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„Laktosefrei? Sowas gibt’s am Land nicht!“. Ein Satz, den man als Laktoseintoleranter am Land immer wieder zu hören bekommt… (c) Jessica Braunegger

Langsam aber sicher wird’s

Bitter aber wahr, mit einer Unverträglichkeit ist man in unserer Region wirklich gestraft. Aber die Südsteiermark wäre ja nicht die Südsteiermark, wenn sie nicht eine beliebte Destination für Touristen ist und die Frage nach veganen, laktose- und glutenfreien Restaurants dadurch steigt. Natürlich wären unsere Gastronomen blöd, wenn sie diesen Wünschen nicht nachkommen würden, deswegen gibt es jetzt schon ein paar Orte, wo Menschen wie ich, guten Gewissens schlemmen können.

Ein Ort ist das Fleur de Café in der Leibnitzer Innenstadt, wo diverse Heißgetränke auch mit laktosefreier Milch und Sojamilch bestellt werden können. Das lässt nicht nur das Herz von Laktoseintoleranten höher schlagen, sondern auch von Veganern, von denen es in letzter Zeit ja auch immer mehr gibt. Auch die Konditorei Koppitz hat Versuche unternommen, laktosefrei zu werden. Mit zwei Sorten laktosefreiem Eis ist die Auswahl zwar gering, aber besser das als gar kein Eis. Das Problem hierbei ist nur, dass man nicht eine einzelne Kugel bekommt, da man den Pappbecher erst ab zwei Kugeln kriegt und ansonsten eine Tüte bekommt, die Laktoseintolerante wiederum nicht vertragen. Satz mit X: War wohl nix.

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Einige Gastronomiebetriebe bieten aber auch laktose- und glutenfreie Speisen an, die nicht an Diätessen erinnern. (c) Jessica Braunegger

Es lebe die Weinstraße!

Wo Menschen mit Unverträglichkeiten in unserer Region wirklich auf ihre Kosten kommen, ist die Südsteirische Weinstraße. Anfang dieses Jahres haben sich hier diverse Buschenschänke zusammengeschlossen, mit dem Anspruch auf der Karte auch vegetarische, vegane, laktose- und glutenfreie Speisen anzubieten. Mittlerweile sind ganze zehn Buschenschankbetriebe Mitglieder dieser Initiative, darunter auch der renommierte Polz-Buschenschank. Ich habe selbst schon dort gegessen und die für einen Buschenschank ausgefallenen Speisen sind wirklich köstlich und auch preislich total in Ordnung.

Ein Restaurant, das es mir auf der Weinstraße angetan hat, ist das Ratscher Landhaus. Hier sind auf der gesamten Speisekarte alle laktose- und glutenfreien Speisen gekennzeichnet und auch online einsehbar. Die Gerichte sind allesamt regionale Spezialitäten, die auf teilweise auf die speziellen Bedürfnisse von Lebensmittelallergikern zugeschnitten. Da ich auf Süßes stehe, haben es mir hier besonders die Desserts angetan. Und gibt es was besseres, als auf der Weinstraße das bezaubernde Panorama der umliegenden Weinberge zu genießen, während man ein laktose- und glutenfreies Schoko-Nuss-Parfait mit Limetteneis und Pfirsichschaum isst? Ich glaube nicht.

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Schoko-Nuss-Soufflé mit Pfirsichschaum, Limetteneis und Schokosauce – gluten- und laktosefrei im Ratscher Landhaus. (c) Jessica Braunegger

Die Hoffnung stirbt zuletzt

Ich persönlich glaube ja, dass noch viele andere Gastronomen auf den Zug aufspringen werden und ihre Speisekarten für Lebensmittelintolerante etwas modifizieren. Die Südsteiermark ist zwar im ländlichen Bereich, doch im Gegensatz zu anderen Regionen in der Steiermark sind wir weit vorne dabei. Abgesehen von Graz natürlich, aber die Stadt zählt in dem Fall nicht. Zumindest werden die Restaurantbetreiber in ihren Speisekarten alle Speisen mit allergenen Zutaten kennzeichnen. Auch wenn das nur im Zuge einer neuen EU-Verordnung geschieht und die Schonfrist noch bis 13. Dezember 2014 gilt.

5 Gedanken zu “Ein Schlaraffenland und nichts zu essen

  1. Pingback: Bei Tisch zu Gast: Absolut Südsteiermark | Lactose? No!

  2. DIEHUMMELN
    wünschen sich, dass wir alle, natürlichere (biologisch, demeter etc.) Lebensmitteln anbauen, kaufen und auch zu uns nehmen.

    Damit wir das feiern können, leben wir in der Südsteiermark – mitten im Naturpark – und doch wird hier mit „dem Leib – dem Körper“ Schädigendem gespritzt, gedüngt und nachbehandelt (z.B. beim Nachreifen a wengerl nachgholfen)!

    Zu diesem Artikel passend, können wir diese Praktiken „wieder“ in unser Bewußtsein rücken, um dann beim nächsten Einkauf aktiv mitzuentscheiden. Wie wir heute beim Einkauf entscheiden, so schaut morgen die Südsteiermark aus. Lasst uns gemeinsam dran arbeiten, für mehr Lebensqualität und Gesundheit.

    Punkt um – wünschen wir uns auch mehr Transparenz und Ehrlichkeit in der Gastronomie und überall anders wohl auch.

    Jessica Braunegger Dir wünschen wir eine positive FAIR.änderung der Laktoseintoleranz. Wir kennen sogar persönlich einige, die das geschafft haben. Mit Geduld und Mut sowie einer ganzheitlichen Behandlung ist wohl eine FAIRbesserung des Zustandes möglich.

    • Danke. 🙂 Ich finde es schön, zu beobachten wie sich das Bewusstsein für nachhaltige Lebensmittel und Ernährung langsam zu verändern beginnt. Vor allem aber, dass dieses Phänomen nicht rein urban ist, sondern auch am Land und speziell in unserer Region aufgegriffen wird. Meiner Meinung nach können wir alle von einer bewussteren Ernährungs- und Einkaufsweise nur profitieren, sowohl Menschen als auch die Umwelt.

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